Torsten Geerdts: „Menschenwürdige Pflege hat in Schleswig-Holstein Verfassungsrang“

Der DRK-Landesverband fordert eine nachhaltige Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger, deren Angehöriger und des Pflegepersonals.  „Wir verweisen in diesem Zusammenhang nicht nur auf die Herausforderungen des demographischen Wandels, sondern fordern die Politik zum entschlossenen Handeln auf. Wir steuern auch in Schleswig-Holstein auf einen dramatischen Mangel an Pflegekräften zu, dem nur mit einem gesellschaftlichen Schulterschluss begegnet werden kann. Wer ehrlich mit diesem Thema umgeht, der muss auch sagen, dass der zahlenmäßige Anstieg Pflegebedürftiger zu Mehrkosten führen wird“, so Torsten Geerdts, Vorstand des DRK-Landesverbandes Schleswig-Holstein. Torsten Geerdts verweist in diesem Zusammenhang auf den Artikel 5a der Landesverfassung: „Das Land schützt die Rechte und Interessen pflegebedürftiger Menschen und fördert eine Versorgung, die allen Pflegebedürftigen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht“. „Menschenwürdige Pflege hat in Schleswig-Holstein also Verfassungsrang“, betont Geerdts und leitet daraus für das Deutsche Rote Kreuz im nördlichsten Bundesland folgende Forderungen ab: • Maßnahmen gegen den Pflegekräftemangel
Eine bessere Bezahlung und attraktivere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte sind wesentliche Voraussetzungen zur Dämpfung des Pflegekräftemangels. Eine höhere Entlohnung liegt in der gemeinsamen Verantwortung der Kosten- und Leistungsträger und bedarf der gesellschaftlichen Bereitschaft, für die Pflege mehr Mittel aufzuwenden. Werbung für den Pflegeberuf ist wichtig, reicht aber allein nicht aus, um die Zahl der Pflegekräfte dauerhaft und nachhaltig zu steigern. Der Zugang zur Altenpflege- und Altenpflegehilfeausbildung muss erleichtert werden. Die Befreiung aller Auszubildenden vom Schulgeld ist dazu ein wichtiger Schritt. In seinen drei staatlich anerkannten Fachschulen für Altenpflege verlangt der Landesverband deshalb bewusst kein Schulgeld. Es müssen mehr Menschen für den Pflegeberuf gewonnen und verstärkt denjenigen eine Einstiegsmöglichkeit eröffnet werden, die aus einem anderen Berufsbereich, der Familienphase oder aus der Arbeitslosigkeit kommen, sich für den Pflegeberuf interessieren und dafür geeignet sind. Außerdem müssen Pflegekräfte intensiv dabei unterstützt werden, länger in ihrem Beruf zu verbleiben. • Entlastung von Angehörigen
Angehörige tragen einen großen Teil der Pflegelast. Sie zu unterstützen, ist wichtig. Dazu gehören Informations-, Beratungs- und Schulungsangebote, ebenso wie die gesetzliche Festlegung eines Familienpflegezeitanspruchs von bis zu zehn Arbeitstagen pro Jahr, der als Lohnersatzleistung vergütet wird. Die Versorgung von Hilfe- und Pflegebedürftigen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht den Marktmechanismen überlassen werden kann. Kurse und Gesprächsrunden für pflegende Angehörige gehören zum Angebot des Deutschen Roten Kreuzes in Schleswig-Holstein. • Vereinheitlichung der Qualitätsberichterstattung
Die bisher praktizierte vergleichende Qualitätsberichterstattung in der stationären Pflege sollte auf ein System von Qualitätsindikatoren der Ergebnisqualität als einziges angewandtes System umgestellt werden. Das heutige Nebeneinander von Prüfungen nach den Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) des MdK und den Kriterien der Pflegetransparenz-Vereinbarungen führt zu Doppelarbeit und damit vermeidbarem bürokratischen Aufwand. Außerdem werden die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere die Ergebnis- und Lebensqualität darzustellen, nicht hinreichend umgesetzt. • Verschlankung der Pflege-Dokumentation
Die Dokumentation von Pflegedienstleistungen ist notwendig, muss aber verbindlich in einer Form stattfinden, die den Pflegekräften genug Zeit für ihre eigentliche Aufgabe, nämlich die Pflege der ihnen anvertrauten Menschen, lässt. Dafür gibt es Modelle, die im Rahmen von Pilotprojekten auch in Mitgliedsverbänden des DRK-Landesverbandes erfolgreich getestet wurden. Sie müssen dringend zur Regel werden. • Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff
Ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff, der nicht die körperlichen Einschränkungen, sondern den Grad der Selbständigkeit der Pflegebedürftigen zum Maß nimmt,  muss in der Praxis schnellstmöglich Anwendung finden. Dafür sind umgehend die rechtlichen Grundlagen zu schaffen.´ • Finanzierung
Die dringend erforderliche Weiterentwicklung der Finanzstruktur in der Pflege zu einer nachhaltigen Finanzierung sollte grundsätzlich solidarisch und paritätisch gestaltet sein. Pflege in guter Qualität fordert die gesamtgesellschaftlich verankerte Verantwortung. Diese schlägt sich sowohl im Engagement als auch in der Bereitschaft zur Finanzierung der notwendigen Leistungen nieder. Nur eine verbindliche und regelmäßige Leistungsdynamisierung trägt zur Sicherung der Realwertkonstanz bei den Leistungen der Pflegeversicherung bei. Als Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege ist der DRK-Landesverband auch  Anwalt der Pflegebedürftigen. Das Rote Kreuz unterhält in Schleswig-Holstein selbst 35 stationäre und 59 ambulante Pflegeeinrichtungen. Außerdem betreibt der DRK-Landesverband in Kiel, Eutin und Heide staatlich anerkannte Fachschulen für Altenpflege.
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