Die Hürden für Pflegefachkräfte aus dem Ausland sind in Deutschland auch nach jüngsten Anpassungen immer noch deutlich zu hoch: Das ist das Fazit des Parlamentarischen Abends des DRK-Landesverbandes Schleswig-Holstein zum Thema „Fachkräftebedarf in Gesundheits- und Pflegeberufen: Pflegekräfte aus dem Ausland - Chancen und Risiken", der gestern im Kieler Landeshaus stattfand. Vor rund 130 Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft diskutierten Expertinnen und Experten über Herausforderungen und Chancen bei der Integration ausländischer Fachkräfte in den Pflegeberuf und forderten einhellig weniger Bürokratie und eine Beschleunigung der Verfahren. In ihrer Begrüßung betonte Anette Langner, Vorstandssprecherin des DRK-Landesverbandes Schleswig-Holstein, die immense Bedeutung des Themas: „Die Pflege in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Bis zum Jahr 2035 werden mehr als 500.000 Pflegekräfte fehlen. Die verstärkte Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland ist eine Möglichkeit, unsere Pflege zukunftssicher zu machen. Aber wir brauchen Verbesserungen auf nahezu allen Ebenen.“
In ihrem Grußwort unterstrich Justiz- und Gesundheitsministerin Prof. Dr. Kerstin von der Decken die Notwendigkeit des kürzlich zwischen den beteiligten Ministerien in Kiel und den relevanten Akteuren der Gesundheitsbranche gegründeten „Paktes für Gesundheits- und Pflegeberufe in Schleswig-Holstein“. Der Pakt werde einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufes leisten. „Wir müssen gemeinsam drei übergeordnete Punkte angehen, um eine bessere Anwerbung und Integration ausländischer Pflegekräfte zu erreichen: Erstens müssen Hürden bei der Anerkennung ausländischer Qualifikationen abgebaut werden. Zweitens müssen Qualifizierungsangebote, also insbesondere Anpassungsmaßnahmen und Vorbereitungskurse, bedarfsgerecht bereitgestellt werden. Drittens muss die sprachliche und soziale Integration durch das Vorleben einer Willkommenskultur gefördert werden“, betonte die Ministerin.
Im Praxisbeitrag von Saskia Bermbach, Leiterin des DRK-Schul- und Therapiezentrums Raisdorf, wurde die erfolgreiche Integration von ausländischen Pflegefachkräften in einer DRK-Einrichtung vorgestellt - aber auch deutlich gemacht, dass von der Ansprache der Pflegefachkraft im Ausland bis zur Einreise nach Deutschland bis zu 18 Monate vergehen. „Es dauert alles sehr lange, und die Behörden geben kaum Rückmeldung. Ich würde mir eine zentrale Anlaufstelle für diese Prozesse in Schleswig-Holstein wünschen“, so Bermbach. Prof. Dr. Hans Vorländer, Vorsitzender des Sachverständigenrates für Integration und Migration, stellte in seinem Vortrag die Position des Sachverständigenrates zur Weiterentwicklung der Fachkräftezuwanderung vor und beschrieb insbesondere die rechtlichen Möglichkeiten, die sich aus den Neuerungen im Bereich der Fachkräftesicherung ergeben. Er betonte, dass die rechtlichen Voraussetzungen „gar nicht so schlecht sind. Aber es hapert massiv an der Umsetzung.“
In der Podiumsdiskussion erörterten Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen die Chancen und Risiken der Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland. Neben Ministerin Prof. Dr. von der Decken, Prof. Dr. Vorländer und DRK-Vorstandssprecherin Anette Langner nahmen Kerstin Ehlers, Abteilungsleiterin Arbeitsmarkt und Fachkräftesicherung im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Miriam Müller, Geschäftsführerin der Startcon GmbH, und Björn Prühs, Projektleiter des Mobilen Integrationsteams des DRK Kiel, an der von Andreas Otto (R.SH) moderierten Diskussion teil. Die Podiumsdiskussion war sehr informativ und vermittelte ein umfassendes Bild insbesondere von den Herausforderungen und Problemen bei der Integration ausländischer Pflegekräfte in Deutschland. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland eine wichtige Säule für die Zukunftssicherung der Pflege in Deutschland ist, dafür aber die bürokratischen Hürden gesenkt und alle Prozesse deutlich beschleunigt werden müssen. Als Haupthindernisse wurden neben der Sprachbarriere die hohe Bürokratisierung, die lange Anerkennungsdauer, die unzureichende Digitalisierung und auch eine mangelnde Willkommenskultur identifiziert.