Das erste digitale Beratungszentrum für Menschen mit Epilepsie in Norddeutschland vom DRK-Landesverband Schleswig-Holstein e.V. und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) startet durch. Landes-Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken übergab am Sonnabend, 20. August 2022, offiziell einen Förderbescheid des Landes für das Modellprojekt des Erwachsenenepilepsiezentrums Kiel der Klinik für Neurologie am UKSH, Campus Kiel, in Zusammenarbeit mit dem Norddeutschen Epilepsiezentrum für Kinder und Jugendliche des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).
Das Projekt wird seit 1. Januar 2022 für einen Zeitraum von drei Jahren mit knapp 500.000 Euro aus dem Versorgungssicherungsfonds des Landes gefördert. Der Versorgungssicherungsfonds soll dazu beitragen, die medizinische Versorgung in der Fläche zu verbessern und die sektorenverbindende Versorgung zu stärken. Mit weiteren rund 140.000 Euro unterstützen zudem sechs Unternehmen das Projekt: GW Pharma, Angelini Pharma, Eisai GmbH, UCB Pharma GmbH, LivaNova Deutschland GmbH und Desitin Arzneimittel GmbH.
Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken betonte: "Für Menschen mit Epilepsie in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein hat das Projekt zur Digitalen Epilepsieberatung, das das UKSH zusammen mit dem Norddeutschen Epilepsiezentrum für Kinder und Jugendliche durchführt, eine ganz wesentliche Bedeutung. Erstmals wird damit ein flächendeckendes und niedrigschwelliges Online-Angebot zur Epilepsie mit einer umfassenden Beratung zu unterschiedlichen Themen etabliert. Dadurch kann die Versorgung von Epilepsiepatientinnen und -patienten besonders im ländlichen Raum verbessert werden, da sie potentiell seltener weite Anreisen zu spezifischen Angeboten auf sich nehmen müssen. Zudem trägt das Projekt dazu bei, die sektorenverbindende Versorgung zu stärken. Ich möchte mich bei allen Beteiligten bedanken, die an der Planung und Umsetzung dieses tollen Projektes mitwirken."
"Trotz vielfältiger Bemühungen ist die epileptologische Versorgung von Patientinnen und Patienten in Schleswig-Holstein nach wie vor sehr verbesserungswürdig. Mit unserem Projekt hoffen wir hier einen deutlichen Beitrag leisten zu können. Wir wünschen uns einen aktiven Umgang mit der Erkrankung, der Behandlungsmöglichkeiten ausschöpft und die Stigmatisierungen und Einschränkungen durch Epilepsie zurückdrängt, und sind sehr dankbar für die große Unterstützung auf diesem Weg", sagt PD Dr. Nils G. Margraf, Projektleiter und Oberarzt der Klinik für Neurologie des UKSH, Campus Kiel.
"Mit dem Modellprojekt 'Digitale Epilepsieberatung Nord' wollen wir alle ansprechen, die als persönlich Betroffene, in der Familie, beruflich oder im privaten Umfeld mit dem Thema Epilepsie konfrontiert sind", fasst PD Dr. Sarah von Spiczak, ärztliche Leiterin des DRK-Norddeutschen Epilepsiezentrums für Kinder- und Jugendliche die Zielgruppe für das Angebot zusammen. "Als reines Online-Angebot können wir unkompliziert viele unterschiedliche Menschen erreichen, unterstützen und vernetzen."
In Schleswig-Holstein gibt es nach den Daten der Ersatzkassen etwa 36.000 Epilepsiepatientinnen und ‑patienten. Epilepsie ist eine der häufigsten chronischen neurologischen Erkrankungen. Von den 36.000 Betroffenen sind etwa 12.000 pharmakorefraktär, d.h. nicht allein durch Medikamente zu behandeln. Die neue "Digitale Epilepsieberatung Nord" soll Menschen mit Epilepsie Mut machen, aktiver mit ihrer Erkrankung umzugehen und bei der Behandlung informiert mitzuentscheiden und über Therapieoptionen informiert zu werden. Das Beratungszentrum ist rein digital und bietet ab sofort eine Online-Sozialberatung sowie das interaktive digitale Patientenschulungsprogramm "EpilepsON". Dieses richtet sich an Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen, die interaktiv durch Trainerinnen und Trainer in mehreren Modulen im Umgang mit der Erkrankung und aktuellen Therapieoptionen geschult werden.
Im Rahmen des Projektes wird zudem für die Vernetzung der Behandler*innen und Behandler verschiedener Sektoren ein fachlicher und interdisziplinärer Austausch durch virtuelle Fallkonferenzen zur Optimierung der epileptologischen Betreuung angeboten. "Aufgrund der Erkenntnisfortschritte im Bereich der Epilepsie wachsen die Ansprüche an die Behandlerinnen und Behandler, die umfassende und spezielle Kenntnisse der Epileptologie benötigen, um eine optimale medizinische Betreuung der Betroffenen anbieten zu können. Daher ist es uns wichtig, dass wir uns nicht an den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen vorbei, sondern gemeinsam für eine verbesserte Versorgungssituation einsetzen", sagt Dr. Margraf. "Außerdem stehen wir vorhandenen Selbsthilfegruppen zur Seite und unterstützen gern aktiv die Bildung weiterer Selbsthilfegruppe im Land, da auch hier ein echter Mangel besteht."